Vergewaltiger vom Weyermannshaus muss 7,5 Jahre ins Gefängnis

Vergewaltiger vom Weyermannshaus muss 7,5 Jahre ins Gefängnis

Dem Opfer glaubte das Regionalgericht Bern-Mittelland mehr als dem Täter, der sich in Widersprüche verwickelte.

Eine junge Frau fährt am Sonntag im Morgengrauen auf dem Velo zufrieden vom Ausgang nach Hause. Wie im Film springt sie von der Seite ein Mann an, stösst sie vom Fahrrad und zerrt sie an Haaren und Armen in den Wald, wo er sie beraubt und vergewaltigt.

«Es ist immer wieder erstaunlich und erschreckend, wozu Menschen fähig sind», sagte Christine Schaer, die Vorsitzende des fünfköpfigen Gerichtsgremiums, am Mittwoch bei der mündlichen Urteilsverkündigung. Schaer skizzierte den Tathergang, wie er sich nach Überzeugung des Gerichts an jenem Septembersonntag im Jahr 2014 auf der Murtenstrasse beim Weyermannshaus in Bern abgespielt hat.

Demnach sah der heute 34-jährige Mann, der per Auto ebenfalls aus dem Ausgang zurückkehrte, die Radfahrerin. Da er finanziell blank war, beschloss er, ihre Tasche zu rauben.

Dann machte er sich über sie her. Die Frau, vom jähen Angriff völlig überrascht, behielt trotz dem Schrecklichen, das ihr widerfuhr, einen halbwegs klaren Kopf: Sie sprach mit dem Peiniger, um die Lage nicht weiter eskalieren zu lassen.

An Haaren in Wald geschleift

Nach Überzeugung des Gerichts drang er mehrfach in die Frau ein, was juristisch je nach Praktik als Vergewaltigung oder als sexuelle Nötigung bewertet wird. Der Mann mit Wurzeln in Liberia, der im Kindesalter seiner Mutter in die Schweiz gefolgt war, gab den Untersuchungsbehörden und dem Gericht verschiedene Versionen des Handlungsablaufs.

Die anfängliche Behauptung vom einvernehmlichen Sex liess er rasch fallen, gestand die Tat, bestritt aber in der Hauptverhandlung, überhaupt je in die Frau eingedrungen zu sein. Das Gericht glaubte ihm das nicht. Er sei von seinem ersten Anwalt falsch beraten worden, gab er an, deshalb habe er alles zugegeben, auch das, was er nicht getan habe.

Der Mann aus Afrika, der sich in der Schweiz als Fussball-Halbprofi und mit Hilfsarbeiten eine prekäre Existenz aufgebaut hatte, bestritt auch, der Frau mit einem Messer gedroht zu haben. Diese hatte vor Gericht – unter Ausschluss der Öffentlichkeit – bekräftigt, dass er von Anfang an von einem Messer gesprochen habe. Sie habe Todesangst ausgestanden.

Ob ein Messer im Spiel war, weiss das Gericht nicht sicher. Es glaubte aber den Erklärungen des Täters nicht, dass ihm ein Autoschlüssel aus dem Hosensack gefallen sei, den die Frau für ein Messer gehalten habe. Diese erlitt Schürfungen und erhebliche Verletzungen am Kopf, die später aufwendig operiert werden mussten.

Bis heute leidet sie unter Angstschüben, auch ihre Ehe ist nach dem Vorkommnis zerbrochen. Ob ihr der Täter auch einen Tritt oder einen Faustschlag ins Gesicht versetzt hat, ist nach den gerichtsmedizinischen Erkenntnissen nicht ganz eindeutig. Das Gericht sieht es darum als nicht erwiesen an – in dubio pro reo.

«Abstruse Schutzbehauptungen»

Manche seiner Erklärungsversuche seien «abstrus», sagte die Gerichtspräsidentin, es seien Schutzbehauptungen, die zeigten, dass er Mühe habe, sich der von ihm begangenen schrecklichen Tat wirklich zu stellen.

Auch die von ihm geäusserte Reue gelte mindestens so sehr ihm selbst, weil er seit fast zwei Jahren im vorzeitigen Strafvollzug sitze und seine beiden Kinder selten sehen könne. Dort unterzieht er sich freiwillig einer ambulanten Therapie. Nicht glaubwürdig ist für das Gericht der angeblich grosse Alkoholkonsum in der Tatnacht.

Er habe zwar getrunken, aber nicht so viel, wie er angebe: Er habe durchaus gewusst, was er tat, so das Gericht. Immerhin habe er zuvor ein Auto gelenkt. Der Mann erhält wegen Vergewaltigung, sexueller Nötigung und Raubs eine Freiheitsstrafe von 7,5 Jahren. Damit bleibt das Gericht nur leicht unter dem Antrag des Staatsanwalts, der acht Jahre gefordert hatte.

Eine früher ausgesprochene bedingte Geldstrafe muss er nun bezahlen. Dem Opfer spricht das Gericht eine Genugtuung von 25’000 Franken zu.

Quelle: Der Bund

Foto: Valérie Chételat

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