Polizei vermutet Religion als Motiv
In Prien wurde eine Frau vor den Augen ihrer Kinder erstochen. Laut Polizei verdichten sich die Hinweise, dass die Tat religiös motiviert war.
Die tödlichen Messerstiche auf eine zweifache Mutter in Prien am Chiemsee könnten eine religiös motivierte Tat sein. Der Wechsel der vor mehreren Jahren aus Afghanistan geflüchteten Frau vom muslimischen zum christlichen Glauben rücke immer mehr ins Zentrum der Ermittlungen, sagte Polizeisprecher Andreas Guske am Mittwoch. Die 38-Jährige hatte sich in der evangelischen Kirchengemeinde engagiert.
Der Pfarrer sieht keinen religiösen Hintergrund
Die Kirchengemeinde verneint einen religiösen Hintergrund. Priens evangelischer Pfarrer Karl-Friedrich Wackerbarth sucht das Motiv in der seelischen Erkrankung des mutmaßlichen Täters. “Ich tue mich schwer, das Verbrechen an unserem Gemeindemitglied als religiös motiviert zu sehen”, sagte der Seelsorger am Mittwoch der Deutschen Presse-Agentur. “Anlass und Motiv sind beliebig austauschbar.” Eine Beziehungstat scheidet für die Ermittler jedenfalls aus. “Der mutmaßliche Täter und die Frau kannten sich zwar”, erläuterte Guske. Es sei aber eher eine flüchtige Bekanntschaft gewesen, Eifersucht komme als Tatmotiv nicht infrage.
Entsetzen und Fassungslosigkeit beim Bürgermeister
Währenddessen möchte sich der Bürgermeister von Prien am Chiemsee, Jürgen Seifert, nicht an einer Debatte über das Tatmotiv beteiligen. “Ich werde mich zu einem möglichen Motiv nicht äußern, solange die Ermittlungen nicht abgeschlossen sind.” Er zeigte sich erschüttert. “Die Tat ist mit menschlichem Vermögen nicht zu fassen”, sagte der Rathauschef des 10.000 Einwohner zählenden Kurortes. Die Getötete “war gelebte Integration”, so Seifert. Das 38-jährige Opfer sei ein lebensbejahender Mensch gewesen, der sich in Kirche und Gemeinde einbrachte. “Ich kann mir nicht vorstellen, wie man einen Menschen offensichtlich deshalb umbringen kann.” Ergänzend fügte er hinzu, dass besonders im Helferkreis Asyl der Gemeinde große Trauer herrsche. Dies betreffe auch die Betreuer des mutmaßlichen Täters, mit dem es bisher “ein hervorragendes Auskommen gab.”
Mit dem Ablehnungsbescheid setzte die seelische Veränderung ein
Laut dem Bürgermeister hatte der seit 2013 in Deutschland lebende Afghane den Status der Duldung als Flüchtling. Er wohnte in Prien zusammen mit anderen Migranten. Mit dem Ablehnungsbescheid als anerkannter Flüchtling Ende 2016 seien die seelischen Veränderungen gekommen. Seitdem war der mutmaßliche Täter mindestens zwei Mal in psychiatrischer Behandlung, so Seifert.
In der Kirchengemeinde herrsche große Trauer, so der evangelische Pfarrer. “Ich hatte gehofft, dass so etwas nie bei uns passiert.” Wackerbarth betonte, die Gemeinde werde sich intensiv um die evangelisch getauften Buben im Alter von fünf und elf Jahren kümmern. Nach Polizeiangaben sind die Kinder stark traumatisiert. Zwei weitere Söhne sind erwachsen und nicht konvertiert.
Schwierige Ermittlungen für die Polizei, trotz geständigem vermutlichem Täter
Die Frau war am Samstagabend vor den Augen ihrer Kinder vor einem Supermarkt in der oberbayerischen Gemeinde niedergestochen worden. Sie starb wenig später im Krankenhaus. Ein 29 Jahre alter Flüchtling ebenfalls aus Afghanistan gilt als dringend tatverdächtig.
Der Mann wurde in eine Nervenklinik eingewiesen. Er ist laut Polizei bereits früher als psychisch labil aufgefallen. Die Ermittlungen gestalten sich dennoch schwierig, bedingt durch die Sprachbarrieren. Die Polizei gibt an, die Kripo benötige zertifizierte Dolmetscher, um eine höchstmögliche Aussagegenauigkeit zu erzielen. Der Tatverdächtige habe die tödlichen Messerstiche gestanden, so Polizeisprecher Andreas Guske. “Er machte bisher jedoch keine Angaben zu seiner Motivlage.
Die beiden fünf und elf Jahre alten Kinder, die mit ansehen mussten, wie ihre Mutter umgebracht wurde, sind in der Obhut von Behörden. Die Mutter wird an diesem Donnerstag auf dem örtlichen Friedhof beerdigt.