
Prozess wegen Vergewaltigung Mann verurteilt „gewisse Respektlosigkeit“ seiner Ehefrau
Abdul A. schaut an diesem Dienstag mit wehmütigem Blick in den Saal. So, als wisse er nicht, warum er eigentlich auf der Anklagebank des Berliner Landgerichts sitzt. Später wird er sagen, es sei ihm nicht bewusst, dass er etwas Falsches getan habe.
Der 34-jährige syrische Familienvater wird beschuldigt, seine Ehefrau mehrfach vergewaltigt und misshandelt und seinen drei Jahre alten Sohn geschlagen und getreten zu haben. Sieben Taten wirft ihm die Anklage von Januar bis April dieses Jahres vor.
Abdul A. ist vor vierzehn Monaten über die Balkanroute von Syrien nach Deutschland geflohen, und mit seiner Frau und den drei Kindern in einer Flüchtlingsunterkunft in Schöneberg untergekommen. Zu den vier vorgeworfenen Vergewaltigungen habe ihr Mandant eine differenzierte Betrachtungsweise, sagt die Anwältin des Angeklagten in einer ersten Erklärung. Später wird Abdul A. die Taten bestreiten und vor Gericht angeben, dass es im Flüchtlingsheim stets Sex nach den Wünschen seiner Frau und nie gegen deren Willen gegeben habe.
Obwohl ein Ehemann aus seiner Sicht von seiner Frau Sex verlangen dürfe.
Seinen Sohn, so sagt er, habe er vor dem Speisesaal auch nicht absichtlich auf den Boden geworfen, wie es in der Anklage heißt. Das Kind sei ihm aus den Händen geglitten.
Seit April in Untersuchungshaft
Lediglich die Misshandlung seiner Ehefrau im Görlitzer Park Ende April dieses Jahres gibt der Angeklagte zu. Er habe sie dort verprügelt, weil er die von ihr angesprochene Trennung nicht habe akzeptieren können. Im Park soll ihm seine Ehefrau von einem anderen Mann erzählt haben. Noch vor Ort war Abdul A. festgenommen worden, einen Tag später erging Haftbefehl, seitdem sitzt er in Untersuchungshaft.
Abdul A. spricht von der Enge des einen Zimmers im Flüchtlingsheim, in dem die fünfköpfige Familie leben musste, von den dünnen Wänden, von der Angst um seine restliche Familie, die noch immer in Syrien ausharre. Er spricht davon, wie sich seine Frau hier in Deutschland verändert habe. Wie sie zu Feierlichkeiten im Heim habe gehen wollen, während Verwandte in der Heimat starben. Sie habe sich immer mehr getraut, ihre Grenzen zu überschreiten, erklärt der Angeklagte. Abdul A. spricht von einer „gewissen Respektlosigkeit“, die seine Frau ihm gegenüber gezeigt habe. Er sagt, seine Ehefrau sei kein Einzelfall.
Als die 25-jährige Ehefrau des Angeklagten als Zeugin gehört wird, ist die Öffentlichkeit ausgeschlossen. Das Verfahren wird fortgesetzt.
Quelle: Berliner Zeitung