„Mit Rassismus hat das nichts zu tun“
Die Kölner Polizei wird kritisiert, weil sie in der Silvesternacht Hunderte von Nordafrikanern kontrolliert hat. Politische Kommentatoren stärken den Polizisten den Rücken und warnen vor Heuchelei.
Die Polizei in Köln hat in der Silvesternacht Hunderte junger Männer nordafrikanischer Herkunft kontrolliert, die in großen Gruppen zu den Silvesterfeiern in der Innenstadt zogen. Schnell gab es Kritik an den Einsätzen; den Beamten wurde Rassismus vorgeworfen – nicht zuletzt weil die Kölner Polizei in einer Twitter-Nachricht den Begriff „Nafri“ verwendet hat. Die deutschen Tageszeitungen nehmen die Beamten in Schutz. „Welch eine Heuchelei!“, empört sich die „Rheinische Post“. Die Kommentare im Überblick.
„Westfalen-Blatt“, Bielefeld: „Aggressive junge Männer aus Nordafrika werden zum Dauerproblem“
„Es ist keine Überraschung, dass es diesmal in Köln ruhig blieb. Schließlich war die Polizei fast schon in Armeestärke angerückt. Die Verantwortlichen, von Innenminister Jäger bis zur Kölner Polizeiführung, sollten sich Lobhudeleien verkneifen – ihr Versagen vor einem Jahr ist keineswegs vergessen.
Mit Stigmatisierung einer ausländischen Bevölkerungsgruppe hat das nichts zu tun, sondern mit einem nüchternen Blick auf die Realität. Niemand hat etwas gegen Nordafrikaner, wenn sie sich an die Gesetze halten. Wer aber Frauen begrapscht und Passanten bestiehlt, ist ein Fall für Polizei und Justiz. Silvesterfeiern unter Aufsicht werden leider zur Gewohnheit.“
„Wenn es an Silvester 2015/16 am Kölner Dom vor allem junge Männer mit nordafrikanischen Wurzeln waren, die im Pulk Straftaten begangen haben, dann schrillen die Alarmglocken, wenn exakt ein Jahr später an exakt demselben Ort erneut große Gruppen derselben Herkunft in Erscheinung treten. Das Vorgehen der Polizei ist daher legitim, sofern es auf einen bestimmten Tag, Anlass und Ort beschränkt ist. Mit Rassismus hat das nichts zu tun.“
„Rheinische Post“, Düsseldorf: „Welch eine Heuchelei!“
„Bei dieser massiven Polizeipräsenz in Köln konnte nichts passieren. 1500 Beamte im Einsatz, allein am Dom. Geht doch! Das sagen jetzt alle, die nach den sexuellen Übergriffen auf Frauen in der Silvesternacht 2015 konsequentes Polizeihandeln gefordert hatten.
Doch nun werden Vorwürfe laut, das Vorgehen der Beamten gegen Nordafrikaner, der Haupttätergruppe des Vorjahres, sei rassistisch gewesen. Von gezielter Selektion ist die Rede. Welch eine Heuchelei! Wer auf der einen Seite zu Recht beklagt, dass Männerhorden vor den Augen der Polizei über Frauen hergefallen sind, darf jetzt gezielte Kontrollen nicht verurteilen. Sofern die Nordafrikaner dabei korrekt behandelt wurden, hat die Polizei nur eins getan – ihre Pflicht.
Bleibt die Frage, die bisher niemand beantworten kann: Was mag erneut Hunderte Nordafrikaner dazu veranlasst haben, ausgerechnet in der Silvesternacht nach Köln zu fahren? War das bewusste Provokation? Oder nur Dummheit? Auch wenn es dieses Mal dank des konsequenten Durchgreifens der Polizei zu keinen Übergriffen kam, bleibt Kölns Ruf beschädigt. Es ist noch viel zu tun, bis es in der wohl tolerantesten Stadt Deutschlands wieder möglich wird, friedlich zu feiern – auch ohne Polizeischutz.“
„Rhein-Zeitung“, Koblenz: „Nafris“ ist abfälliger Jargon
„Was allerdings gar nicht geht, ist, wenn jetzt ein generelles rassistisches oder ausländerfeindliches Ressentiment innerhalb der Polizei salonfähig würde, weil sie die vermeintliche öffentliche Mehrheitsmeinung hinter sich wähnt.
In der Nacht hatte die Kölner Polizei über den Kurznachrichtendienst Twitter verbreitet, sie kontrolliere am Kölner Hauptbahnhof Hunderte ‚Nafris‘. Diese Abkürzung für Nordafrikaner benutzt die Polizei intern offenbar schon länger für straffällig gewordene Menschen aus Marokko, Tunesien oder Algerien. Doch dieser abfällige Jargon hat in einer offiziellen Polizeinachricht wirklich nichts zu suchen.“
„Westfalenpost“, Hagen: Von Rassismus zu sprechen, stellt die Dinge auf den Kopf
„‚Nafri‘ lautet im Polizeijargon die Abkürzung für ‚Nordafrikanischer Intensivtäter‘. Alle Männer aus Algerien, Tunesien und Marokko, die sich in der Silvesternacht auf den Weg nach Köln machten, öffentlich als ‚Nafris‘ zu bezeichnen, ist ungeschickt und diskriminierend: Nicht alle Nordafrikaner sind (Intensiv-)Täter.
Aber abgesehen von diesem Formulierungsfehler haben die deutschen Sicherheitskräfte die richtigen Konsequenzen aus den dramatischen Ereignissen des vergangenen Jahres gezogen. Wer die Polizei angesichts von Hunderten Nordafrikanern, die auch jetzt wieder in die Domstadt reisen wollten, kritisiert und gleichzeitig alternative Vorschläge schuldig bleibt, betreibt das Geschäft der Populisten.
Von ‚racial profiling‘ – also von Rassismus – zu sprechen, stellt die Dinge auf den Kopf. Die Polizei hat Erfahrungen umgesetzt, mehr nicht. Viele junge, allein eingereiste Migranten aus Nordafrika verfolgen hier einen Lebensstil, der in unserer egalitären Gesellschaft fehl am Platze ist. Das äußert sich vor allem in ihrem Umgang mit Frauen und staatlichen Autoritäten. Möglicherweise interessiert es sie nicht, dass sie Gäste in unserem Land sind – und sich auch wie solche verhalten sollten. Dass unsere Polizei zu drastischen Maßnahmen greifen muss, haben sie sich selbst oder ihren eigenen Landsleuten zu verdanken.“
„WAZ“, Essen: Rassismus – Ein schrecklicher Vorwurf
„Härte sollte gezeigt werden, um ein zweites Köln in dieser Silvesternacht zu verhindern. Das hat offenbar funktioniert – gut gearbeitet. Aber schon schwingt das Pendel in der öffentlichen Wahrnehmung zurück. Die Polizei muss sich vorwerfen lassen, Menschen nach rassistischen Kriterien auszusortieren. Ein schrecklicher Gedanke.
Erst zwölf Stunden später folgt die längst überfällige Erklärung des Kölner Polizeipräsidenten. Eine bessere Kommunikation der Behörde in Richtung Öffentlichkeit hätte schneller deutlich gemacht, dass es ‚Verdachtsmomente‘ geben muss, bevor die Polizei entsprechend eingreift. Das heißt, dass sie die Szene genauer im Blick hat und nicht jeden Nordafrikaner verdächtigt.
Das kann man glauben. Aber die Silvesternacht erinnert auch daran, dass die Macht der Polizei seit einigen Jahren ausgeweitet wurde. Der Sicherheitsgedanke hat das, zu Recht, möglich gemacht. Die ‚Gefahrenabwehr‘ gibt der Polizei Möglichkeiten, auch ohne Beweise und richterliche Genehmigung in die Grundrechte der Bürger einzugreifen. Die Unschuldsvermutung spielt in diesen Fällen keine Rolle. Dieser Macht müssen sich Gesetzgeber und Öffentlichkeit bewusst sein, damit aus dem Ermessensspielraum keine Willkür entsteht.“
Quelle: Welt