Mehr Übergriffe als bisher bekannt
Die Polizei hat ihre Sicherheitskonzepte für Großveranstaltungen verschärft, denn die Sorge vor organisierten sexuellen Übergriffen ist groß. Auch beim Museumsuferfest wird einiges anders sein.
Sexuelle Übergriffe auf Frauen beschäftigen die Polizei stärker als bisher bekannt. Wie aus Sicherheitskreisen zu hören ist, gehen die Behörden inzwischen bei jedem größeren Fest davon aus, dass es zu konzertierten Aktionen wie in der Silvesternacht kommen kann; sprich, dass Gruppen von Männern sich an Frauen „herantanzen“, sie bedrängen, beleidigen und unsittlich berühren. Veranstalter berichten, die Sorge vor derartigen Übergriffen gehörten inzwischen neben der Angst vor terroristischen Anschlägen zu den zentralen Befürchtungen beim Thema Sicherheit. Das werde auch in Gesprächen mit der Polizei ersichtlich.
Der Sprecher des Innenministeriums sagte gestern, die Polizei habe schon unmittelbar nach den Vorkommnissen in der Silvesternacht reagiert. Man habe die Sicherheitskonzepte generell für alle Großveranstaltungen in Hessen diesem neuen Phänomen angepasst. Vor jedem größeren Event gebe es Lagebesprechungen, in denen auch diese Form von Straftaten thematisiert würden. Zudem berate die Polizei die Veranstalter und weise darauf hin, worauf zu achten sei, um Tätern möglichst keine Gelegenheit für Übergriffe zu eröffnen.
Auch für das Frankfurter Museumsuferfest wurde das Konzept verschärft, wie eine Polizeisprecherin auf Anfrage mitteilte. So werde es in diesem Jahr spezielle Polizeiposten geben, die gekennzeichnet und schon von weitem gut zu sehen seien. An die dortigen Beamten könnten sich Besucher mit ihren Anliegen wenden, sowohl nach tatsächlichen Übergriffen als auch in Verdachtsfällen, damit die Polizei schnell reagieren könne. Die Präsenz der Beamten, so die Sprecherin, sei in diesem Jahr deutlich höher als auf früheren Veranstaltungen. Es würden zahlreiche Polizisten auf dem Fest unterwegs sein, die auch unabhängig von den fest installierten Polizeiposten als Ansprechpartner dienten.
Dass in diesem Jahr die Sorge vor sexuellen Übergriffen in organisierter Form besonders groß ist, bestätigt auch Kurt Stroscher von der städtischen Tourismus und Congress GmbH, die das Museumsuferfest veranstaltet. Auch der eigene Sicherheitsdienst werde verstärkt darauf achten, ob sich Übergriffe anbahnten. Die Zahl privater Sicherheitskräfte sei in diesem Jahr erhöht worden. „Mittlerweile sind wir am Limit dessen, was man für ein Volksfest überhaupt an Kräften mobilisieren kann“, so Stroscher.
Übergriffe in Darmstadt, Herborn, Wolfhagen
Veranstalter und Polizei orientieren sich vor allem an Erfahrungen von anderen Volksfesten. Denn die Zahl der sexuellen Belästigungen und noch schwerwiegenderer Straftaten ist nach inoffiziellen Angaben höher als bekannt. So ist es nicht nur in der Silvesternacht in Frankfurt auf dem Eisernen Steg und vor einigen Wochen auf dem Schlossgrabenfest in Darmstadt zu Übergriffen gekommen. Wie zu hören ist, gab es vereinzelte Fälle auch auf dem Hessentag in Herborn. Man habe jedoch nicht ermitteln können, ob es sich um ein strukturiertes Vorgehen der Täter gehandelt habe oder ob die Fälle „aus einer Laune“ heraus verübt worden seien.
Auch in Wolfshagen bei Kassel hat es laut Polizei mehrere Fälle von sexuellen Übergriffen auf Frauen während eines Volksfestes gegeben. Die Taten wurden nach Angaben eines Sprechers von Flüchtlingen aus einer nahe gelegenen Unterkunft verübt. In einem Fall wurde eine Besucherin auf dem Weg vom Festgelände auf die Toilette von einem 25 Jahre alten Algerier mehrfach unsittlich berührt. Als sie sich wehrte, wurde der Mann noch zudringlicher und versuchte, der Frau ins Gesicht zu schlagen. Er wurde festgenommen.
Zudem wurden laut Polizei drei weitere Fälle in Wolfhagen gemeldet: Einmal sei eine 27 Jahre alte Mitarbeiterin eines Sicherheitsdienstes belästigt worden. Ein anderes Mal hätten Männer eine Besucherin erst beleidigt, dann unsittlich berührt und schließlich geschlagen. In allen Fällen wurden die Täter festgenommen.
Quelle: http://www.faz.net/aktuell/rhein-main/mehr-sexuelle-uebergriffe-als-bisher-bekannt-14391678.html