Hussein K. hat möglicherweise auch im Iran ein Mädchen vergewaltigt

Hussein K. hat möglicherweise auch im Iran ein Mädchen vergewaltigt

Bisher hat er zur Tat geschwiegen – jetzt hat sich Hussein K. erstmals geäußert. Er gab zu, die 19-jährige Maria L. vom Fahrrad getreten, gewürgt, vergewaltigt und getötet zu haben.

17:30 Uhr: Der zweite Verhandlungstag ist beendet. Am Mittwoch wird der Prozess ab 9 Uhr fortgesetzt. Dann sollen Bekannte aus dem Umfeld von Hussein K. gehört werden, mit denen er den Abend des 15. Oktober verbracht hat – den Abend vor der Tat. Insgesamt hat die Jugendkammer mit Richterin Kathrin Schenk 16 Verhandlungstage angesetzt, die sich über knapp drei Monate erstrecken werden. Das Urteil könnte am 8. Dezember gefällt werden

17:07 Uhr: Am Tag nach seiner Festnahme sei Hussein K. von der Rechtsmedizin untersucht worden. Man habe Narben am Handrücken und ältere stichförmige Narben am Rücken und anderen Stellen des Körpers gefunden. Haarproben würden belegen, dass er Drogen konsumiert habe: häufig Cannabis, gegentlich auch Heroin, seltener Kokain. Der Alkoholkonsum sei laut diesen Untersuchungen moderat gewesen, so der Kripo-Beamte.

17:04 Uhr: Gegenüber Betreuern und auch gegenüber Landsleuten habe Hussein K. an seinem Geburtsjahr 1999 festgehalten, so der Zeuge. Zwei afghanische Bekannte hätten dies jedoch nicht glauben wollen und mit viel Nachdruck nachgefragt. Einem der Beiden soll Hussein K. gesagt haben, er sei 27 Jahre alt, dem Anderen habe er gesagt, er sei 24 Jahre alt, berichtete der zuständige Fahnder aus den Ermittlungsakten.

16:55 Uhr: Nächster Paukenschlag in der Aussage des Kriminalbeamten: Möglicherweise hat Hussein K. auch schon im Iran eine Straftat begangen. Er soll seinem Zellennachbarn im Gefängnis erzählt haben, dass er als 14-Jähriger im Iran ein zwölf Jahre altes Mädchen vergewaltigt hat.

Offenbar hat die Staatsanwaltschaft auch im Iran recherchiert – doch diese Ergebnisse werden erst zu einem späteren Zeitpunkt vor Gericht vorgetragen. Der Fall sei nicht aktenkundig geworden, weil die Familien im Iran den Fall unter sich ausgemacht hätten. Hussein K. habe nach eigener Aussage eine Prügelstrafe bekommen.

16:45 Uhr: Der Hauptsachbearbeiter der Kripo schildert noch einmal den Tag des 15. Oktober. Hussein K. habe sich mittags in seiner Wohnung mit vier Freunden getroffen. Dort hätten sie zunächst gemeinsam zu Mittag gegessen. Dann seien sie in die Innenstadt gefahren, in einem Edeka hätten sie sich noch Alkohol besorgt. Die Gruppe sei in den Seepark gegangen. Als sie Hunger bekommen hätten, sei einer zurück in die Innenstadt gefahren, habe Hähnchenfleisch und einen Einweggrill besorgt – und zudem noch zwei weitere Freunde mitgebracht.

Auch Husseins Begleiter werden noch vor Gericht aussagen. Der Polizei hätten sie gesagt, dass der Angeklagte an diesem Abend wenig getrunken habe: “Er war noch der Normalste von allen”, zitiert der Ermittler die Zeugen. Später am Abend seien sie in die Stadt gegangen – dort hätten sie sich getrennt. Husseins Mitbewohner sei alleine nach Ebnet gefahren. Weil er keinen Schlüssel hatte, habe er den Pflegevater rausgeklingelt, weswegen dieser sauer gewesen sei. “Wann Hussein K. in dieser Nacht heimkam, das weiß in dem Haus niemand”, so der Ermittler.

Kurz vor 23 Uhr habe Hussein K. dann alleine die in Freiburg als Treff von Homosexuellen bekannte “Sonderbar” in der Altstadt betreten. Das Lokal werde Videoüberwacht. Der Betreiber habe der Polizei die Daten zur Verfügung gestellt. So lasse sich der Aufenthalt von Hussein K, der bis etwa 1.15 Uhr dauerte, nachvollziehen. Ein Barkeeper habe den Eindruck gehabt, dass der Angeklagte nicht betrunken war, aber den Betrunkenen mimte. Anhand seiner Erfahrung könne er dies einschätzen, habe der Zeuge der Polizei gesagt. Mit einer Besucherin soll sich Hussein K. auf Deutsch über die Flüchtlingsproblematik unterhalten haben. Dann sei er auf einen männlichen Gast getroffen. Diesem soll er gegen Geld sexuelle Dienstleistungen auf dem WC der Bar angeboten haben. Der Gast habe dies abgelehnt, obwohl Hussein K. mit dem Preis immer weiter runtergegangen sei. Er habe Hussein K. wesentlich älter eingeschätzt, soll er noch der Polizei gesagt haben.

Später soll sich der Angeklagte in dem Lokal zwei Frauen zugewandt haben, die sein Auftreten als unangenehm empfanden. Einer Frau soll er ans Gesäß gefasst haben. Man sehe auf den Videoaufnahmen, wie Hussein K. von der Frau weggestoßen werde, so der Kriminalhauptkommissar. Die Frauen hätten wenig später die Bar verlassen, gefolgt von Hussein K.

(Wo war Hussein K. an jenem Abend und in jener Nacht, als Maria L. starb unterwegs? Eine Karte zeichnet seine Stationen nach. Klicken Sie links oben auf das Symbol neben der Überschrift und erfahren Sie mehr.)

16:20 Uhr: Hussein K. ist nach Darstellung des Kriminalhauptkommissars am 12. November 2015 nach Deutschland gekommen. Er sei am Freiburger Hauptbahnhof von der Bundespolizei aufgegriffen und erkennungsdienstlich behandelt worden. Papiere habe er keine bei sich gehabt. Bei den Abgleichungen der Fingerabdrücke in den europaweiten Datenbanken habe es keine Treffer in anderen Ländern gegeben. Dabei sei Hussein K. schon Jahre zuvor in Griechenland registriert worden.

Verwirrend ist: Nach der Festnahme habe es noch einmal einen Abgleich mit der Flüchtlingsdatenbank gegeben – und hier sei dann die Einreise in Griechenland angezeigt worden, so der Zeuge. Der Ermittler gab an, dass er von der Bundespolizei die Auskunft bekommen hätte, bei der ersten Suche sei doch nur im deutschen System nachgeforscht worden.

Zunächst sei Hussein K. in Freiburg in Obhut des Jugendamtes und des kirchlichen Trägers Christophorus-Jugendwerk gewesen. Später sei er in eine Wohngruppe des privaten Anbieters “Wiese” nach Münstertal im Schwarzwald gekommen. Betreut worden sei er von da an vom Jugendamt des Landkreises Breisgau-Hochschwarzwald. Bei einem Gespräch sei er von den dortigen Fachleuten als minderjährig eingestuft worden. “Von meinem Gefühl her war ich mir sicher, dass er deutlich älter ist – er hat männliche Züge und den Habitus eines Erwachsenen”, so der Ermittler.

Hussein K. sei dann nach wenigen Monaten in eine Pflegefamilie gekommen, die in einer Villa in Ebnet lebe. Hier habe er mit einem weiteren Flüchtling in eine Einliegerwohnung ziehen können. “Sie lebten dort relativ autark”, so der Polizist.

15.28 Uhr: Nach der Festnahme von Hussein K. wurde ein Mundhöhlenabstrich sowie eine Haarprobe von ihm genommen. Seine DNA habe sich an mehreren Stellen des Leichnams, ebenso an der Umhängetasche von Maria L. befunden, so der Ermittler in seiner Zeugenaussage.

Auch die Fahrräder wurden durch einen Gutachter untersucht. Das Ergebnis: Maria L. muss durch einen Griff in den Lenker gestoppt worden sein. Hussein K. hatte am Vormittag ausgesagt, er habe gegen ihr Fahrrad getreten und sie dadurch zu Fall gebracht. Der Gutachter kam auch zu dem Schluss, dass das Fahrrad des Täters einen Rahmenbruch unterhalb des Sattels hatte, aber grundsätzlich fahrbereit gewesen war.

Das Haar aus dem Dornbusch habe den Schluss zugelassen, dass es sich bei dem gesuchten Täter um einen Mann mit markanter Frisur handeln musste. Eine solche Person habe die Polizei dann auch auf Videobändern aus der VAG-Straßenbahn entdeckt. “Der Verdächtige stieg am Bertoldsbrunnen ein und setzte sich neben eine Frau”, so der Kripo-Mann. Diese habe sich – das erkenne man auf den Aufnahmen – immer unwohler gefühlt und sei schließlich aufgestanden und gegangen. Um 1.57 Uhr sei der Tatverdächtige am Bertoldsbrunnen eingestiegen und um 2.10 Uhr an der Endhaltestelle in Littenweiler ausgestiegen.

Nachdem ein Verdächtiger auf den Videobändern entdeckt worden sei, habe die Polizei die Fahndung eingeleitet. Am 2. Dezember hätte ein Polizist im Bereich Lassbergstraße in Littenweiler Hussein K. gesehen. Er habe ihn an den Gesichtszügen erkannt, nicht aber an den Haaren. Diese seien unter einer Baseballkappe verborgen gewesen, zudem stellte sich heraus, dass Hussein K. seine Frisur geändert hatte.

“Noch in der Nacht nach der Festnahme kam die Meldung aus dem Kriminaltechnischen Institut, dass die DNA des Verdächtigen mit der vom Tatort übereinstimmt”, so der Kripo-Mann.

14.59 Uhr: Maria L. sei ein Gewohnheitsmensch gewesen, so der leitende Ermittler. Sie habe immer denselben Heimweg zur Thomas-Morus-Burse nach Littenweiler genommen. Der führte sie vom Institutsviertel, über die Straße “Auf der Zinnen”, Herrenstraße, Schwabentor, Kartäuserstraße, Mühlenstraße, Fabrikstraße – und dann entlang der Dreisam auf dem Radweg nach Osten.

Maria habe mehrere Verletzungen gehabt, unter anderem am Hals und im Genitalbereich, dazu Bisswunden und zahlreiche Kratzer über den ganzen Körper verteilt, so der Kripo-Mann. Durch die Kriminaltechnik seien umfangreiche Maßnahmen vorgenommen worden. Kriminaltechniker hätten an den Bisswunden Proben genommen, ein vollständiges männliches DNA-Muster habe extrahiert werden können. “Es gab keinen Treffer in den Datenbanken”, so der Zeuge.

Die Ermittler hätten die Brombeerhecke am Tatort abgeschnitten und mit ins Labor genommen. Fünf Haare seien gefunden worden, vier davon hätten dem Opfer zugeordnet werden können – nur eines dem mutmaßlichen Täter. “Es war 18 Zentimeter lang und auffällig, weil teilweise gebleicht.”

Die Polizei hätte zudem Hinweise von Zeugen ausgewertet, die seinerzeit auf dem Dreisamuferweg unterwegs gewesen waren. So konnte die Polizei rekonstruieren, wann das Fahrrad, das Hussein K. an der Aral-Tankstelle an sich nahm, an der Dreisam abgestellt worden sein muss. Um 4 Uhr sei eine Zeugin an besagter Stelle vorbeigefahren und habe das Fahrrad nicht gesehen. Um 4.20 Uhr sei es einem anderen Zeugen aufgefallen. “Es muss zwischen 4 Uhr und 4.20 Uhr abgestellt worden sein”, so der Kommissar.

Vom Bereich seien Funkzellendaten ausgelesen worden. Das Handy von Maria L., das in ihrer Tasche in der Dreisam lag, sei um 4.12 Uhr ausgegangen. Um 4.05 Uhr sei noch eine WhatsApp empfangen worden. Das Handy ging wohl aus, weil Wasser eindrang.

14.50 Uhr: Am Nachmittag hat das Gericht die Beweisaufnahme gestartet. Zunächst sagte der zuständige Hauptsachbearbeiter der Kripo Freiburg, ein 46 Jahre alter Kriminalhauptkommissar aus.

Am 16.10 gegen 8.20 Uhr hätten mehrere Anrufer gemeldet, dass ein Leichnam im Flussbett der Dreisam liegen würde – nahezu unbekleidet, etwa einen Meter vom Ufer entfernt. Streifen fuhren vor Ort und bestätigten den Sachverhalt. Dreiviertel des Körpers hätten sich unter Wasser befunden. Ein weißes Damenfahrrad lag in einer Brombeerhecke, die niedergetrampelt gewesen war. 500 Meter östlich bei der Nepomukbrücke fand sich ein zweites Fahrrad mitten auf dem Weg.

Auf dem Uferweg direkt oberhalb der Fundstelle hätten die Ermittler ein Fahrradschloss gefunden, einen Flyer vom Waldsee und ein Kondom der Marke Ritex. Der Kondomhersteller hatte sein Produkt auf der Studentenparty Big Medi Night verteilt, die Maria besucht hatte. Der Energieversorger Badenova habe später mitgeteilt, dass der Dreisamuferweg in der Nacht beleuchtet gewesen war – übrigens nur, weil eine Zeitschaltuhr defekt war. Zudem, so der Ermittler, war Vollmond: “Es herrschten hervorragende Sichtbedingungen.”

Am Kopf der Toten fand die Polizei eine Handtasche. Sie war in die Bekleidung von Maria L. eingewickelt, die der Täter ihr über den Kopf gezogen hatte. Am Tatort seien dann schon Mitbewohner aus der Thomas-Morus-Burse eingetroffen, die nach Maria L. suchten. “Die Kommilitonen wurden befragt”, so der Kripo-Mann.

Sie hätten Maria L. als fleißig und gewissenhaft beschrieben, sie habe sich sozial und caritativ engagiert. “Sie hatte überhaupt kein Gefahrenradar, sie war arglos und hat ein ziemliches Gottvertrauen an den Tag gelegt”, so der Kriminalkommissar. Drei Monate vor der Tat habe sie sich einvernehmlich von ihrem Freund getrennt. Sie habe aufgrund ihres christlichen Glaubens sehr enthaltsam gelebt.

Durch die Befragungen von Freunden von Maria L. hätten die Ereignisse bei der Studentenparty Big Medi Night, bei der die junge Frau war, ziemlich lückenlos rekonstruiert werden können. 2500 Gäste sollen auf der Party gewesen sein. Gegen 21.40 Uhr sei sie mit Freunden auf Fahrrädern in Richtung Institutsviertel aufgebrochen. Maria L. hatte vorher schon angekündigt, dass sie um 2 Uhr gehen wollte, weil sie am nächsten Tag eine Wanderung für Erstsemester organisiert hatte. Als sie gehen wollte, herrschte aber Chaos an der Garderobe – es habe 40 Minuten gedauert, ehe sie ihre Jacke hatte. Erst gegen 2.40 Uhr sei sie losgefahren. Sie habe nur ganz wenig getrunken gehabt.

14.15 Uhr: Nach einer Pause steht der zuständige Kriminalbeamte, der als Sachbearbeiter die Ermittlungen im Fall geführt hat, im Zeugenstand.

13.18 Uhr: Pflichtverteidiger Sebastian Glathe fragt Hussein K. noch einmal nach seinem Selbstmordversuch mit Tabletten, den er eine Woche vor der Tat begangen haben will – angeblich aus Perspektivlosigkeit: “Manchmal wäre ich froh, das wäre das Ende gewesen”, so der Angeklagte. Er habe 15 Schlaftabletten und noch einen Saft zum Einschlafen eingenommen.

Hussein K. sagte vor der Pause der Richterin, dass er sich nicht zur Tat in Griechenland äußern wolle. Auf Korfu hatte er 2013 eine junge Frau überfallen und über eine Mauer gestoßen. Sie überlebte schwer verletzt. Hussein K. war dafür vom Jugendgericht in Korfu wegen versuchten Mordes zu zehn Jahren Haft verurteilt worden. Wegen einer Generalamnestie konnte er das Gefängnis nach nur 20 Monaten wieder verlassen.

13.05 Uhr: Auch Rechtsanwalt Bernhard Kramer, Nebenklagevertreter der Familie von Maria L., befragt den Angeklagten. Warum er in jener Nacht, als er schon auf dem Heimweg gewesen sei, wieder umgedreht habe. “Wenn man Kopfschmerzen hat und einem übel ist, geht man doch nach Hause”, so Kramer. “Ich wollte einfach wieder zurück nach Freiburg.”

Als sich ihm später Maria L. auf ihrem Fahrrad genähert habe, sei er auf dem Boden gesessen. Er habe nicht erkennen können, ob die Person auf dem Rad ein Mann oder eine Frau sei. “Das ist nicht sehr plausibel”, meint der Anwalt. Denn wäre es ein Mann gewesen, hätte er doch damit rechnen müssen, dass dieser ihm körperlich überlegen ist.

Anwalt Kramer zufolge soll Hussein K. im Gefängnis einem Häftling gegenüber gesagt haben, er sei “wie ein Tier” über das Opfer gekommen und habe es getötet. “In Gottes Namen, das habe ich nicht gesagt.” Kramer zufolge könnte der Zeuge das aber nicht aus der Presse haben. “Wer würde so eine Tat begehen und dann sagen, ich habe es wie ein Tier getan”, so Hussein K.

12.30 Uhr: Hat Hussein K. an jenem Abend gleich mehrere Frauen belästigt? Dieser Frage will Oberstaatsanwalt Berger auf den Grund gehen. Ihm zufolge gibt es Zeugenaussagen, wonach Hussein K. in einer Bar eine Frau angegangen habe, “in einer Art, die diese nicht wollte”. Die Frau habe ihn weggestoßen und sei dann sofort gegangen. Berger berichtet zudem von einer Frau in der Straßenbahn, die sich umgesetzt habe, weil ihr Hussein K. als Sitznachbar unangenehm gewesen sei. Der Angeklagte gibt an, er könne sich an diese Vorfälle nicht erinnern: “Nein, in Gottes Namen, nein.” Doch auch an der Endhaltestelle soll Hussein K. eine Frau an einem Fahrkartenautomaten mehrere Minuten lang angestarrt haben.

Am Richtertisch legt Oberstaatsanwalt Berger Fotos von dem Bereich am Dreisamuferradweg vor, wo Maria L. getötet wurde. Hussein K. soll nun erklären, wo er sich befand, als er Maria L. mit dem Fahrrad auf sich zukommen sah. Alle Beteiligten am Verfahren drängen sich um den Richtertisch.

Berger will wissen, wann Hussein K. sich dazu entschlossen habe, die 19-Jährige zu vergewaltigen. “Nachdem sie auf dem Boden lag und sich nicht mehr bewegt hat. Nachdem ich sie erwürgt hatte”, sagt der Angeklagte. Der Staatsanwalt hakt noch einmal nach. Hussein K. entgegnet: “Ich habe das doch alles schon gesagt, warum werde ich immer wieder gefragt.” Dann folgt eine Beschwerde: “Ich habe vorhin gesagt, ich möchte mein Medikament haben. Das wurde mir verweigert.”

12.09 Uhr: Nach einer Pause beginnt Oberstaatsanwalt Eckart Berger mit seiner Befragung. Er berichtete, dass nach den vorliegenden Videos aus der Straßenbahn Hussein K. um 2.07 Uhr die Bahn an der Endhaltestelle in Littenweiler verlassen hat. Die Tat an der Dreisam habe – wie er noch darlegen werde – gegen 3 Uhr stattgefunden. Berger fragt nun, was Hussein K. in dieser Dreiviertelstunde gemacht habe. Darauf gibt es keine klare Antwort des Angeklagten.

“Wie lange hat Ihrer Meinung nach die Tat gedauert”, fragt Berger den Angeklagten. Und spezifiziert: “vom Tritt gegen das Fahrrad von Maria L. bis zu dem Zeitpunkt, als Sie sich auf den Heimweg gemacht haben?” “Ich denke so etwa 15 Minuten,” antwortet der Angeklagte.

Jetzt geht es um das mitgenommene Fahrrad. Berger will wissen, ob Hussein K. versucht habe, die Sattelhöhe zu verstellen. Der Angeklagte verneint dies. Am Hebel, den man betätigt um den Sattel zu verstellen, seien jedoch Mischspuren gefunden worden – sowohl von Hussein K. als auch von Maria L., berichtet der Oberstaatsanwalt.

11.25 Uhr: “Hatten Sie in der Nacht vor, Frauen zu vergewaltigten?”, fragt die Richterin aus einem guten Grund. Denn Hussein K. soll einem Freund gesagt haben, dass er an einer Straßenbahn-Haltestelle eine chinesische Frau getroffen habe. Hussein K. bestätigt das. Er habe aber nicht vorgehabt, sie zu vergewaltigen. Genau das habe er jedoch dem Freund gesagt, zitiert die Richterin aus den Akten. “Wenn ich sage, dass ich so etwas nicht gesagt habe, werden Sie mir es nicht glauben”, antwortet Hussein K. Er befände sich mit eben jenem Bekannten in Streit. Dieser habe seinen Freund erstechen wollen.

Die Richterin liest weiter aus der Akte vor: Hussein K. habe dem Mann erzählt, er habe in der Nacht eine Frau vergewaltigt und getötet wie ein Tier. Auch das weist der Angeklagte zurück: “Das habe ich nicht gesagt, er weiß das aus dem Radio.”

11.02 Uhr: Hussein K. schildert, dass er am Bahnhof in die Disko “Karma” gehen wollte. Der Türsteher habe ihn jedoch nicht reingelassen. Daraufhin sei er ins Bermuda-Dreieck gegangen, habe dort ein Bier kaufen wollen. Das sei ihm jedoch verwehrt worden. “Ich habe einen deutschen Jungen gebeten, der mir schließlich Bier besorgt hat”, so der Angeklagte. Danach stieg er – das belegen Videoaufzeichnungen – am Bertoldsbrunnen in die Straßenbahn ein. Hussein K. selbst sagt: “Ich weiß es nicht, ich kann mich nicht mehr daran erinnern. Ich denke aber, es war am Bahnhof.”

Er fuhr jedenfalls bis zur Lassbergstraße, der Endhaltestelle der Linie 1 in Littenweiler. Zunächst habe er sich von dort auf den Weg Richtung nach Hause gemacht. Dort in der Nähe liegt an der Schwarzwaldstraße die Aral-Tankstelle gegenüber dem Strandbad, wo er ein Fahrrad entdeckt und mitgenommen habe. Wie dieses aussah, daran könne er sich nicht mehr erinnern. Das Fahrrad hatte bei der Suche nach dem Täter eine große Rolle gespielt. Bis heute hat sich der frühere Besitzer nicht gemeldet.

Hussein K. habe dann versucht, mit dem Rad Richtung Ebnet zu fahren, sei aber an der Dreisam hingefallen. Daraufhin habe er sich entschlossen, umzudrehen, habe zurück in die Stadt wollen. Weil ihm aber schlecht geworden sei, habe er sich auf den Boden gesetzt. “Das war an der Stelle, an der ich das Mädchen getötet habe.” Er habe auf dem asphaltierten Radweg gestanden, als Maria ihm entgegenkam. “Warum haben Sie gegen das Fahrrad getreten?”, fragt Richterin Schenk. “Ich weiß es nicht. Vielleicht habe ich an Klauen und Stehlen gedacht oder an etwas Anderes.” Was das Andere gewesen sein könnte, hakt die Vorsitzende nach. “Ich weiß es nicht. Vielleicht Streit”, antwortet der Angeklagte.

10.25 Uhr: Auf Nachfrage von Richterin Kathrin Schenk schildert Hussein K. noch einmal Schritt für Schritt den Verlauf des Abends vom Samstag, 15. Oktober. Zunächst sei er auf dem Stühlinger Kirchplatz gewesen, wo er sich Haschisch gekauft habe, so der Angeklagte. Dann habe er sich mit Freunden zum Trinken im Seepark im Stadtteil Betzenhausen-Bischofslinde getroffen. “Haben Sie an dem Tag auch etwas gegessen oder nur getrunken?”, fragt Richterin Kathrin Schenk. “Nein, wir haben nichts gegessen”, antwortet Hussein K. Später, da sei es schon dunkel gewesen, sei er zu Fuß in die Stadt gegangen. Warum nicht mit der Straßenbahn? Wenn er Alkohol getrunken habe, werde ihm in der Straßenbahn oft schwindlig, so der Angeklagte.

In der Stadt seien er und seine Freunde in eine Bar gegangen, “in der nicht nach dem Ausweis verlangt wird”, so der Tipp eines Bekannten. Dort will Hussein K. für 10 bis 15 Euro Bier und Wein getrunken haben – wie viel genau, daran könne er sich nicht mehr erinnern. “Wenn man sich anschaut, was in der Innenstadt Getränke so kosten, kann es nicht so viel gewesen sein”, merkt Richterin Schenk an. Der Angeklagte will in der Bar mit einem deutschen Mann gesprochen und mit einer Frau getanzt haben. Die Freunde seien da schon auf dem Weg nach Hause gewesen. An der Theke habe er kein Bier mehr bekommen, weil er zu betrunken gewesen sei. Er habe das akzeptiert und sei gegangen. So jedenfalls seine Erinnerung.

9.55 Uhr: Nach der Aussage gab es erst einmal eine Pause. Das Geständnis ist juristisch interessant, sagen Prozessbeobachter. Denn: Es beinhaltet keine Mordmerkmale. Hussein K. hat das Geschehen so geschildert, dass es sich – nach seiner Darstellung – auch um Totschlag handeln könnte. Seiner Aussage zufolge dachte er, Maria L. mit seinem Schal erwürgt zu haben – erst danach will er sich an ihr vergangen haben. Ob dieser Zeitablauf stimmt oder stimmen kann, das wird der weitere Verlauf der Verhandlung klären müssen.

9.44 Uhr: Vor Gericht hat Hussein K. im Fall Maria L. ein umfassendes Geständnis abgelegt. Der Angeklagte schilderte am zweiten Prozesstag die Ereignisse in jener Nacht des 16. Oktober. Hussein K. gab an, Alkohol getrunken und Haschisch geraucht zu haben. Vom Bahnhof Littenweiler aus sei er mit einem fremden Fahrrad Richtung Stadt aufgebrochen. Er sei jedoch so betrunken gewesen, dass er schon nach kurzer Zeit gestürzt sei. “Ich lag auf dem Boden und dachte, ich müsste mich übergeben.” Dann habe er bemerkt, dass jemand auf ihn zugeradelt kam.

Die Frau habe schnell an ihm vorbeifahren wollen, “ich bin dann aufgesprungen und habe gegen das Fahrrad getreten”, so Hussein K. Die junge Frau sei gestürzt, habe geschrien; er habe sie gewürgt und Richtung Dreisam gezogen. “Ich habe sie mit meinem Schal erwürgt, nach einer Minute hat sie sich nicht mehr bewegt”, so der Angeklagte. Dann habe er bemerkt, dass es sich um ein “hübsches Mädchen” handelte. Daraufhin habe er sie vergewaltigt. Ein Dornenbusch habe ihn verletzt, daher sei sein Blut auf ihr gewesen. Als er das bemerkt habe, habe er sie in die Dreisam gelegt. Laut Gerichtsmedizin war die Todesursache von Maria L. Ertrinken.

Hussein K. berichtet, dass er nach der Tat einen Joint geraucht habe und dann nach Hause gegangen sei. Dort habe er geduscht und sich schlafen gelegt, sei erst am Mittag aufgewacht. “Ich habe nicht geglaubt, was ich getan habe, bis ich es im Fernsehen gesehen habe.” Und bis er sein zerkratztes Gesicht im Spiegel gesehen habe.

9.25 Uhr: Der zweite Prozesstag hat mit einer Erklärung von Sebastian Glathe, dem Pflichtverteidiger des Angeklagten, begonnen. Glathe kündigte an, dass Hussein K. eine Erklärung verlesen werde, die er selbst formuliert habe.

Dieser begann wie schon am ersten Prozesstag mit dem Satz: “Ich bin Hussein, ich bin 19 Jahre alt und Afghane.” Er sagte, er wolle sich bei der Familie von Maria entschuldigen. Er wisse seit dem Tod seines Vaters, was Verlust und Trauer bedeutet. “Wenn ich Maria wieder auferstehen lassen könnte, würde ich das tun”, sagte er. “Aber man kann nicht zurück in die Vergangenheit gehen.” Er bete täglich für sie. “Sie können nicht vorstellen, wie es in mir aussieht. Nach dem Tod von Maria bin ich auch gestorben”, so seine Worte, gerichtet an die Familie des Opfers. Diese war auch wie am ersten Prozesstag nicht selbst im Gericht anwesend, wurde aber als Nebenkläger von einem Anwalt vertreten.

Er habe an dem Abend Alkohol getrunken und Haschisch geraucht. Seine Freunde hätten ihn abends in der Stadt alleine gelassen. Und er sei nicht mehr in der Lage gewesen, klar zu denken.

“Ich bin wie eine Leiche, die in Bewegung ist”, meinte er. Er verstehe, dass die Tat für alle sehr schwer sei. “Wenn sie damit glücklich wären, wenn ich sterben würde, wäre ich bereit, sie glücklich machen”, sagte er mit Blick auf Marias Familie. Er schloss seine Erklärung: “Ich bitte sie aus ganzem Herzen um Entschuldigung, ich bin traurig und betroffen.”

Danach sagte er zu, auf Fragen des Gerichts antworten zu wollen und über die Geschehnisse in jener Nacht auf den 16. Oktober ausführlich zu berichten.

9 Uhr: Der Prozess vor dem Landgericht beginnt pünktlich und ohne Verzögerung. Am ersten Verhandlungstag hatte der große Medien- und Zuschauerandrang sowie die hohen Sicherheitsvorkehrungen für eine zehnminütige Verspätung gesorgt. Hussein K. wird erneut an Händen und Füßen gefesselt in den Saal des Landgerichts Freiburg geführt.

8.55 Uhr: Am zweiten Verhandlungstag im Prozess um den Mord an der 19 Jahre alten Studentin Maria L. ist der Andrang deutlich geringer als zum Auftakt in der vergangenen Woche – sowohl was die Zahl der Zuschauer als auch die der Medienschaffenden angeht.

Der Prozess gegen Hussein K.

Verhandelt wird gegen den afghanischen Flüchtling Hussein K. Er ist angeklagt des heimtückischen Mordes in Tateinheit der schweren Vergewaltigung. Er soll in der Nacht des 16. Oktober die Studentin Maria L. am Dreisamuferradweg vom Fahrrad gezerrt, gewürgt, gebissen und vergewaltigt haben. Seit vergangener Woche läuft der Prozess gegen den jungen Mann. Hatte er sich am ersten Verhandlungstag erstmals zu seiner Person geäußert, macht er nun auch Angaben zu jener Nacht, in der Maria starb.

Je nach Dauer der Aussage von Hussein K. könnte das Gericht im weiteren Verlauf des zweiten Verhandlungstags dann in die Beweisführung einsteigen. Als Zeuge geladen hat die Kammer den zuständigen Kriminalbeamten, der als Sachbearbeiter die Ermittlungen geführt hat.

Was steht an Verhandlungstag 3 auf dem Programm?

Am Mittwoch sollen Bekannte aus dem Umfeld von Hussein K. gehört werden, mit denen er den Abend des 15. Oktober verbracht hat – das war der Abend vor der Tat. An dessen Ende war er, wie Bilder von Überwachungskameras zeigen, spät in der Nacht alleine in die Straßenbahn in der Stadtmitte am Bertoldsbrunnen gestiegen und in Richtung Freiburger Osten gefahren.

Laut den Ermittlungen von Staatsanwaltschaft und Polizei soll er sich an jenem Abend in einer Bar, in der Straßenbahn und an der Haltestelle drei Frauen auf auffällige Weise genähert haben. Diese drei Frauen werden ebenfalls vor Gericht als Zeuginnen auftreten. Die Erste würde, wenn es beim vorgesehenen Zeitplan bleibt, ebenfalls am Mittwoch in den Zeugenstand gerufen werden.

Paukenschlag am ersten Prozesstag

Am vergangenen Dienstag war nach einiger Verzögerungen wegen der hohen Sicherheitsvorkehrungen der Prozess mit Verspätung gegen 9.10 Uhr gestartet. Das Interesse war immens: Allein 50 akkreditierte Medienvertreter drängten in den Saal des Landgerichts, mehr als 100 Menschen wollten den Prozessauftakt erleben – nicht alle fanden einen Sitzplatz und mussten wieder nach Hause gehen.

Im Anschluss an die Verlesung der Anklage stellte Staatsanwalt Eckart Berger in Aussicht, nach einem Schuldspruch die Sicherungsverwahrung beantragen zu wollen. Dann der Paukenschlag: Hussein K. gab an, sich zur Sache und zu seiner Person äußern zu wollen. Bislang hatte er geschwiegen. Allerdings wurde auf Antrag des Verteidigers Sebastian Glathe von Richterin Kathrin Schenk verfügt, dass bei einzelnen Aspekten seiner Biografie die Öffentlichkeit ausgeschlossen wird.

Die klassische Flüchtlingsgeschichte

Auf Dari, einer Sprache des Persischen, berichtete Hussein K., dass er in Afghanistan als Sohn einer Bauernfamilie geboren wurde, dass er drei Geschwister habe, dass der Vater im Militärdienst gefallen sei; mit 12 Jahren sei er zum älteren Bruder in den Iran gegangen, später sei er in die Türkei geflohen und schließlich mit Hilfe von Schleppern nach Griechenland gekommen.

Mazedonien, Serbien, Slowakei, Österreich, Deutschland – der Weg, der Hussein K. im November 2015 schließlich Freiburg führte, ist ein klassischer. Stress und psychischer Stress hätten seinen Drogen- und Alkoholkonsum befördert, so der Angeklagte in seiner Einlassung, die von einem Übersetzer wiedergegeben wurde. Unter Ausschluss der Öffentlichkeit äußerte sich der Angeklagte nach BZ-Informationen zu seinen Erlebnissen in einer Koranschule und einem möglichen sexuellen Missbrauch.

Quelle: http://www.badische-zeitung.de/zeuge-hussein-k-hat-moeglicherweise-auch-im-iran-ein-maedchen-vergewaltigt–141716588.html

Foto: dpa

 

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