Junge Flüchtlinge sind konservativer als die Älteren

Junge Flüchtlinge sind konservativer als die Älteren

900 Flüchtlinge wurden zu ihren Wertevorstellungen und Erwartungen befragt. Das Ergebnis: Flüchtlinge akzeptieren zwar teils unsere Werte, aber sie haben sie nicht übernommen.

Im Auftrag des Bundesministeriums für Europa, Integration und Äußeres (BMEIA) führte die Österreichische Akademie der Wissenschaften (ÖAW) eine quantitative Umfrage unter rund 900 Flüchtlingen aus Syrien, Afghanistan und dem Irak durch. Nun ist der Endbericht zu lesen.

Noch nicht angekommen

Zusammenfassend lasse sich festhalten, dass sich die befragten Flüchtlinge in ihren Werthaltungen noch in einem Übergangsstadium befinden. Die Geflüchteten seien wertemäßig im Aufnahmeland Österreich noch nicht richtig angekommen, da Einstellungsänderungen in der Regel einer gewissen Zeit bedürfen. Rund 80 Prozent der Befragten sind männlich. Auf Wien entfielen 353 Interviews.

397 der Befragten stammten aus Syrien, 325 aus Afghanistan sowie 176 aus dem Irak. Hinsichtlich der religiösen Konfessionen besteht ein Schwergewicht auf dem Islam sunnitischer Prägung. Mehr als die Hälfte der Befragten sind zwischen 18 und 30 Jahre alt.

Die konkreten Ergebnisse zeigen, dass die befragten Flüchtlinge allgemein die Freiheiten eines liberalen Rechtsstaates als abstraktes Prinzip akzeptieren, diese für sich selbst aber noch nicht verinnerlicht haben oder ablehnen. Es zeigen sich demnach deutliche Widersprüche zwischen allgemeinen und konkreten Fragen zur persönlichen Lebensweise.

Die überwiegende Mehrheit der Geflüchteten hält sich noch nicht sehr lange in Österreich auf. 2015 kamen 475 der Befragten hierher. Warum wurde aber gerade Österreich als Zielland der Flucht ausgewählt? Hier zeigt sich, dass der Zufall eine wichtige Rolle spielte. Die Studie konzentrierte sich hauptsächlich auf sechs unterschiedliche Befragungsgebiete:

Bildungsniveau:

Das Bildungsniveau zeigt sich sehr heterogen. Knapp acht Prozent aller Befragten haben noch nie eine Schule besucht. 30 Prozent absolvierten  bis zu neun Jahre (Pflicht-)schulbildung und etwa 25 Prozent haben eine 10-bis 12-jährige Schulbesuchsdauer angegeben. Laut der Studie weisen afghanische Flüchtlinge die schwächsten Bildungsabschlüsse vor. Das zeigt sich sowohl bei der Schul- als auch bei der Universtitätsausbildung. Die Akademikerquote liegt bei Syrern bei 21,2 Prozent, bei Irakern bei 22,3 Prozent und bei Afghanen bei 5,4 Prozent.

Weggehen und Ankommen:

Im Zusammenhang mit den Fluchtgründen waren meist mehrere Faktoren ausschlaggebend. Die direkte Bedrohung durch kriegerische Ereignisse war für fast 90 Prozent der Befragten der Ausschlag. Danach nannten sie  Bedrohung durch militante oder radikale Gruppen und politische, religiöse oder ethnische. Für fast jeden Zweiten waren auch die schlechte Wirtschaftslage und mangelnde Zukunftsperspektiven ein Grund.

Als eigenen Beitrag zur Integration in Österreich haben so gut wie alle die deutsche Sprache zu erlernen als sehr wichtig erachtet, gefolgt von “bald einen Beruf ausüben” und das “Einhalten der Gesetze” in Österreich.

Religiosität:

Der Anteil der sehr religiösen Befragten ist bei Geflüchteten aus Afghanistan (23,5 Prozent) im Vergleich zu den Befragten aus Syrien (2,8 Prozent) oder dem Irak (0,6 Prozent) um ein Vielfaches höher. Insgesamt gab knapp ein Drittel der Befragten an, fünfmal täglich oder öfter zu beten.

Zwar sprechen sich insgesamt mehr als die Hälfte vorbehaltslos für eine Gleichwertigkeit der Religionen aus, allerdings zeigt sich am Beispiel der Eheschließung der Kinder mit einem Partner aus einer anderen Religionsgemeinschaft, dass hier eine größere Skepsis vorherrscht. Knapp 30 Prozent lehnen eine solche ab.

Gleichberechtigung:

Gerade bei diesem Punkt erkennt man die Unstimmigkeiten in den Antworten. Zwar bejahen über 80 Prozent den Wert der Gleichberechtigung von Mann und Frau, jedoch plädieren auch über 80 Prozent die Befolgung von religiösen Bekleidungsvorschriften in der Öffentlichkeit.

36,2 Prozent sind für getrennten Turn-und Schwimmunterricht an Schulen und rund 20 Prozent für getrennten Religionsunterricht. Genauso viele lehnen auch eine Berufstätigkeit der Frau ab.

Jüngere Befragte besitzen im Übrigen oft konservativere Ansichten als die ältere Generation – dieser Trend ist quer über alle Herkunftsgruppen zu beobachten.

Zustimmung zu österreichischen Lebensgewohnheiten:

Zwar akzeptieren knapp 90 Prozent die österreichischen Lebensgewohnheiten, allerdings bewerten fast 40 Prozent die hiesigen Lebensgewohnheiten für sich selbst als zu freizügig. Rund ein Drittel findet, dass der österreichische Alltag zu wenig religiös geprägt sei.

Demokratieverständnis:

35,4 Prozent der befragten Flüchtlinge sind der Meinung, dass Staat und Religion eine Einheit bilden sollten und dass religiöse Gebote über staatliche Vorschriften zu stellen seien. Ein Bekenntnis zur Demokratie als ideale Staatsform gab es von rund 90 Prozent der Befragten.

Quelle: kurier.at

Foto: /Julia SChrenk

Foto: bmeia screenshot

Wertehaltungen und Erwartungen von Flüchtlingen in Österreich

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