Ehe könnte sexuelle Übergriffe auf Minderjährige legalisieren

Ehe könnte sexuelle Übergriffe auf Minderjährige legalisieren

In der Türkei ist eine heftige Diskussion um die Aufwertung der Kinderehe entbrannt. Wer sein minderjähriges Opfer geheiratet hat, könnte straffrei davonkommen.

In der Türkei könnten sexuelle Übergriffe auf Minderjährige unter bestimmten Umständen straffrei bleiben. Ein Gesetzentwurf der islamisch-konservativen Regierungspartei AKP, in dem es heißt, dass Täter einer Strafe entgehen sollten, wenn sie ihre Opfer heiraten, hat heftige Diskussionnen ausgelöst. Die Tat müsse aber ohne “Gewalt, Drohung oder jegliche andere Form von Zwang” erfolgt sein.

Der Abgeordnete Özgür Özel von der oppositionellen Partei CHP schrieb auf Twitter, die islamisch-konservative Partei wolle Vergewaltiger schonen. Ruhat Sena Akşener von Amnesty International Türkei, twitterte empört: “Sexuelle Aggression ohne Zwang” gebe es nicht.

3.000 betroffene Familien

Justizminister Bekir Bozdağ warf den Kritikern des Gesetzes “absichtliche Verdrehung” der Tatsachen vor. Bei den Tätern handele es sich nicht um Vergewaltiger, es gehe um den “Schutz von Kindern”. Ehen mit Minderjährigen seien leider eine “Realität”. Wenn daraus ein Kind hervorgehe, informiere der Arzt den Staatsanwalt, der Mann lande im Gefängnis, und seine Familie gerate in Schwierigkeiten. Derzeit gebe es etwa 3.000 solcher Familien.

Auch Regierungschef Binali Yıldırım sprach von “völlig falschen Beschuldigungen”. Er erinnerte daran, dass unter der jetzigen Regierung die Strafen für Vergewaltigungen verschärft worden seien.

Bis vor elf Jahren war in der Türkei Vergewaltigung in der Ehe kein Straftatbestand. 2005 wurde für sexuelle Übergriffe eine Mindeststrafe von acht Jahren eingeführt; seit 2014 liegt sie bei 16 Jahren.

Das vorgeschlagene Gesetz soll auf Taten angewendet werden, die zwischen 2005 und Mittwoch dieser Woche begangen wurden. Es gehe um Akte, die mit Zustimmung der Familien und der Minderjährigen und in Unkenntnis der genauen Rechtslage erfolgt seien, sagte Justizminister Bekir Bozdag.

Anwälte äußerten die Sorge, mit dem Gesetzentwurf werde die Kinderehe in der Türkei salonfähig gemacht. Das Mindestalter für legales Heiraten liegt hier bei 17 Jahren – mit Zustimmung der Eltern. Besonders im Osten des Landes wird dieses Alter bei Mädchen noch immer häufig unterschritten. In einigen besonderen Ausnahmefällen dürfen Mädchen mit richterlicher Genehmigung auch mit 16 Jahren heiraten.

Das türkische Verfassungsgericht hatte im Juli ein Gesetz aufgehoben, das sexuelle Handlungen mit Kindern unter 15 Jahren als “sexuellen Missbrauch” wertet. Das Gericht wies das Parlament an, binnen sechs Monaten ein neues Gesetz auszuarbeiten. Es monierte insbesondere, dass in dem bisherigen Gesetz nicht zwischen Jugendlichen und Kleinkindern unterschieden wurde.

Quelle: Zeit

Foto: Adem Altan/AFP/Getty Images

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