Fassungslosigkeit nach Tod am Vareler Weg

Fassungslosigkeit nach Tod am Vareler Weg

Der Tag danach: Grabkerzen, Blumen und Teelichter erinnern an jene grauenvolle Tat, die sich mitten im Beeke-Ort abgespielt hat: In einem Wohnhaus am Vareler Weg war eine fünffache Mutter (52) von ihrem Ehemann niedergestochen worden. Überlebt hat sie den Anschlag nicht.

Der Täter, ihr Mann (42) irakischer Herkunft, ist gefasst. Er ließ sich nach der Bluttat widerstandslos festnehmen. Die Stimmung im Beeke-Ort ist derweil gedrückt, schwankt zwischen Fassungslosigkeit und Entsetzen. Inzwischen kommen immer mehr Details ans Licht.

Laut Lutz Gaebel von der Staatsanwaltschaft Verden sei der Beschuldigte wegen Mordverdacht in Untersuchungshaft genommen worden. Als Merkmal führt er niedrige Beweggründe an. Angaben zur Sache habe der Mann in seiner Vernehmung jedenfalls noch nicht gemacht, so Gaebel. Was die Obduktion der Leiche betrifft, sei die Frau durch mehrere Messerstiche getötet worden. Mehr wollte der Pressesprecher gestern aus ermittlungstaktischen Gründen nicht bekannt geben.

Bis in den Abend hinein arbeitete die Spurensicherung am großflächig abgesperrten Tatort, um herauszufinden, was genau sich in dem Haus abgespielt hat. Derweil hatten Beamte der Polizei aus Scheeßel und Fintel die Aufgabe, den Bereich mit Absperrzäunen und wachsamem Auge zu sichern – mehr oder weniger erfolgreich, wie Oberkommissar Michael Renken von der Scheeßeler Polizeistation sagt. „Leider gab es immer Bürger, die das nicht akzeptieren wollten oder gar vor dem Flatterband stehen geblieben sind.“ Die meisten hätten sich seiner Beobachtung nach aber besonnen verhalten.

Ein Notruf kam von einer Nachbarin

Er selbst, sagt Renken, habe sich gerade bei den Kollegen in Rotenburg aufgehalten, als dort mehrere Notrufe eingegangen waren. Sofort rückten die Beamten aus. Auch ein Rettungswagen machte sich auf den Weg. Einer dieser Notrufe kam von einer Nachbarin. Ihren Namen möchte sie nicht in der Zeitung lesen. Aber sie erzählt aus ihrer Sicht, was sich in den Mittagsstunden auf der anderen Straßenseite zugetragen hat. „Ich war gerade am Herd, als es draußen fürchterlich schepperte“, sagt die Frau. Kurz zuvor habe sie durch das Küchenfenster noch den Vater der Familie aus dem Haus gehen sehen.

„Plötzlich hat jemand lauthals gebrüllt, also bin ich nach draußen geeilt, um nachzusehen.“ Was sie erspähte, habe sie zunächst nicht einordnen können: „Die Scheibe der Haustür war offenbar von einem der Kinder zertrümmert worden, ich konnte nicht lange vom Herd weg, also habe ich erstmal meine Mutter gebeten, sie möge nach dem Rechten schauen.“ Als sie kurz darauf selbst hinzueilte, bot sich den Frauen ein furchtbares Bild. „Die Frau lag blutüberströmt auf dem Boden auf einem weißen Tuch, die beiden ältesten Söhne, die ja noch im Haus waren, mussten sie wohl so hingelegt haben. Die ebenfalls hinzugeeilte Untermieterin hatte sie noch umgedreht, um sie in die stabile Seitenlage zu bringen, aber für mich und meine Mutter, die ja beide aus der Altenpflege kommen, war klar, dass ihr nicht mehr zu helfen war.“

Was ihr besonders Angst gemacht habe: „Die beiden ältesten Söhne waren vollkommen außer Rand und Band, einer hat sogar noch mit der bloßen Hand das Küchenfenster eingeschlagen.“

Täter nahe der Sparkasse festgenommen

In der Tat, bestätigt Michael Renken, hatten die Polizisten nach ihrem Eintreffen alle Mühe und Not, die Jungen – sie sollen etwa 15, 16 Jahre alt sein – zu bändigen. „Die wollten immer wieder in die Wohnung rein, aber es durfte am Tatort ja nichts verändert werden“, erzählt er. Später seien beide getrennt voneinander in Rettungswagen abtransportiert worden. Die anderen drei jüngeren Kinder waren zum Tatzeitpunkt in der Schule. Sie befinden sich zurzeit in der Obhut der Polizei und des Jugendamts des Landkreises. Festgenommen wurde der Täter schließlich in der Nähe der Sparkasse. Als Renken in Scheeßel eintraf, hätten ihm Kollegen schon die Handschellen angelegt. „Ehrlich gesagt habe ich die Leute nicht gekannt, das waren richtige Einzelgänger“, führt die Anwohnerin weiter aus. Erst im Dezember sei die kurdische Familie in das Haus eingezogen. „Mehr als ein ,Guten Tag‘ hat es zwischen uns seitdem nicht gegeben.“

Bürgermeisterin Käthe Dittmer-Scheele sei die Familie überhaupt nicht bekannt gewesen. „Die Nachricht macht natürlich sehr betroffen“, sagt sie. Durch die Gemeinde sei die Familie nicht in der Wohnung untergebracht worden, sondern durch das Jobcenter. Paul Göttert, Vorsitzender der Scheeßeler Flüchtlingshilfe, weiß: „Bevor die Familie hierher gekommen ist, hat sie lange Zeit unter engen Verhältnissen in einem Lager in Harburg gelebt.“ Er selbst sei dem Vater nur einziges Mal begegnet – beim Ausfüllen der Formulare für das Jobcenter. „Wir vom Verein haben dann dafür gesorgt, dass die Familie in Deutschkurse kommt – mit bescheidenem Erfolg.“

Quelle: Kreiszeitung

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