Mehr Sextäter in SH angezeigt: Was das bedeutet

Mehr Sextäter in SH angezeigt: Was das bedeutet

Die Zahl der Sexualstrafverfahren in Schleswig-Holstein ist in diesem Jahr um fast 30 Prozent gestiegen.

Die Zahl der angezeigten Sexualdelikte im Norden ist in diesem Jahr stark gestiegen. Wie das Justizministerium auf Nachfrage der „Schleswig-Holstein am Sonntag“ mitteilte, hat sich die Zahl der Fälle im Vergleich zum Vorjahr um 29 Prozent erhöht. 1014 Verfahren wurden im ersten Halbjahr (bis Juni 2016) registriert, 2015 waren es im gleichen Zeitraum 789. Allerdings handelt es sich bei diesen Zahlen um neu eingehende Verfahren und nicht um verurteilte Taten. Unter die Statistik fallen demnach alle Anklagen, die bei der Staatsanwaltschaft landen – unabhängig davon, ob die Verfahren später eingestellt oder die Täter freigesprochen werden.

Ob die Sexualstraftaten im Norden tatsächlich mehr geworden sind, lässt sich erst sagen, wenn die Zahlen der Verurteilungen sowie der eingestellten Verfahren aus diesem Zeitraum vorliegen. Ein genereller Trend zu mehr Sexualstraftaten lasse sich laut Ministerium aus diesen Werten vorerst nicht ableiten. „Die Zahlen unterliegen im längerfristigen Vergleich immer gewissen Schwankungen“, so ein Ministeriumssprecher. So war die Zahl der eingehenden Verfahren von 2014 auf 2015 zuletzt um knapp sieben Prozent gesunken.

Doch wie kommt es, dass in diesem Halbjahr bereits über ein Viertel mehr Verfahren bei der Staatsanwaltschaft eingegangen sind, als noch im Jahr zuvor? Einer der Gründe könnte eine erhöhte Anzeigenbereitschaft der Menschen sein, vermutet Bewährungshelfer Mathias Todt aus Flensburg.

Eine Rolle spiele dabei auch die Diskussion solcher Straftaten in den Medien. Stereotype Begriffe wie Kinderschänder und Vergewaltiger schürten Vorurteile und Ängste, die Bereitschaft jemanden anzuzeigen, wachse. „Sexualstraftaten haben schon immer eine große Brisanz gehabt“, so Todt.

Zusätzliche Brisanz hat das Thema auch im Zuge der Flüchtlingswelle erhalten. Immer wieder wurden in der Vergangenheit Vorfälle publik, in denen Mädchen und junge Frauen Opfer von sexuellen Übergriffen durch männliche Migranten wurden. Zuletzt war die Diskussion im Sommer hochgekocht, als vermehrt Fälle von sexueller Belästigung in deutschen Schwimmbädern bekannt wurden.

Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Torsten Albig (SPD) hatte laut Medienberichten für Ausgewogenheit im Umgang mit tatsächlichen oder angeblichen Übergriffen durch Flüchtlinge plädiert: „Ich finde jede Art von sexuellen Übergriffen unerträglich. Es ist aber wichtig, dass wir jetzt nicht Bilder produzieren, die das Gefühl in der Öffentlichkeit vermitteln, als hätten wir es nur noch mit Vergewaltigern oder mit sexuellen Übergriffen zu tun.“

Die steigende Bereitschaft, Sexualdelikte anzuzeigen, könnte auch durch die öffentliche Diskussion über die Verschärfung des Strafrechts beeinflusst worden sein. Mit dem Grundsatz „Nein heißt Nein“ entschied der Bundestag im Juli über ein neues Strafgesetz, demzufolge ein „Nein“ des Opfers ausreicht, um eine Vergewaltigung zu bestrafen.

Vor der Gesetzesreform wurde eine Vergewaltigung nur bestraft, wenn der Täter mit Gewalt oder Drohungen vorgegangen war. Dies sei einer der Gründe dafür, dass nur gut acht Prozent aller angezeigten Vergewaltigungen zu einer Verurteilung der Täter führten. Auch sexuelle Belästigungen sollen nach dem neuen Sexualstrafgesetz leichter bestraft werden. Die Aussicht auf Erfolg senkt am Ende auch die Hemmschwelle, solche Taten anzuzeigen.

Diese Entwicklung deckt sich mit den Erfahrungen von Mathias Todt. „Ich nehme keinen Anstieg der unter Bewährung stehenden Sexualstraftäter in den letzten Jahren wahr “, so der Bewährungshelfer. Auch an der Art der Verbrechen habe sich aus seiner Sicht nicht viel verändert.

Unter den Begriff Sexualstraftat fallen neben Vergewaltigungen oder sexuellem Missbrauch auch der Besitz von Kinderpornografie oder Exhibitionismus. „Es gibt nach wie vor eine große Spannweite, auch was die Täter angeht“, sagt er. Zu seinen Probanden – wie die verurteilten Täter in der Bewährungshilfe genannt werden – zähle der Arbeitslose genauso wie der Akademiker.

Quelle: shz

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